Mein Name ist Luz by Elsa Osorio

Mein Name ist Luz by Elsa Osorio

Autor:Elsa Osorio
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2010-09-14T16:00:00+00:00


Dolores denkt, daß es ihr vielleicht guttun würde, ein wenig auszugehen und sich abzulenken. Und wieder drängt sich ihr Eduardos Bild auf. Sie legt sich auf das Bett in ihrem Schlafzimmer, dasselbe wie vor sieben Jahren. Ihre Mutter hat alles so gelassen, wie es war, als ob sie nur kurz Ferien machte und nicht ins Exil gegangen wäre, ohne zu wissen, ob es einmal enden würde und wann. Sie ist erschöpft von diesem langen Tag. Von dem Treffen mit den Großmüttern, von den Gesprächen mit ihren Eltern.

Was Susana, ihre Mutter, am meisten gefesselt hatte, als sie ihr am Nachmittag von der Begegnung mit den Großmüttern berichtete, war das, was Dolores über die Blutuntersuchungen gehört hatte. Sie wollte immer mehr Einzelheiten über die nordamerikanische Organisation erfahren, die die argentinischen Großmütter unterstützte. Es hieß, die Fortschritte bei den hämatologischen Untersuchungsmethoden würden es erlauben, die Identität und die Abstammung verschwundener Kinder festzustellen. Das Projekt, das bis zu seiner Verwirklichung natürlich viel Zeit beanspruchen würde, bestand darin, eine Blutbank mit dem Blut aller Angehörigen von Vermißten einzurichten, um die Verwandtschaftsbeziehungen zu überprüfen.

»Die Analyse der Blut-Übereinstimmung wurde in der Abteilung Immunologie des Durand-Krankenhauses durchgeführt, das dafür vollständig ausgerüstet war. Ein Paradox. Es war nämlich eine der Hauptfiguren des Prozesses gegen die Militärkommandeure, der ehemalige Verwaltungsoffizier Cacciatore, der dieses Zentrum geschaffen hatte. Es war so etwas wie ein Geschenk für seinen Leibarzt gewesen, der sich sehr für Nierentransplantationen interessierte. Daß es später, nach den Fortschritten nicht nur in der Wissenschaft, dem Zweck diente, Blutsverwandtschaften festzustellen und die Identität dieser Kinder zu bestimmen, das ist schon komisch, nicht wahr?«

Ja, wie gut, so könnte man beweisen – ein fiebriger Glanz hatte in den Augen ihrer Mutter gelegen –, daß der Sohn oder die Tochter von Pablo und Mirta ihnen gehörte, daß das Kind ihr Blut hatte und nicht das von denen, die es geraubt hatten. Würden sie es zu sich nehmen und es umsorgen dürfen? Ja, natürlich, sie oder Mirtas Eltern, da müßte man sich einig werden. Allein daß man davon sprach, bedeutete schon, daß man es für möglich hielt. Susana machte Pläne. In welchem Zimmer würde das Kind wohnen, wenn es zu ihnen käme? In dem, das einmal Pablo gehört hat, oder in deinem, was meinst du, Dolores?

Sie ging zu weit, vielleicht war es unvorsichtig gewesen, ihre Mutter mit der Begeisterung anzustecken, die sie selbst nach dem Gespräch mit den Großmüttern verspürt hatte. Ihr Vater befürchtete offensichtlich dasselbe. Wenn man dieses Projekt verwirklichte, würde er mitmachen und sein Blut zur Verfügung stellen, aber Hoffnungen machte er sich nicht.

»Du mußt deiner Mutter nicht von Dingen erzählen, die es gar nicht gibt, Dolores. Wissen wir denn, was passiert ist? Wir wissen ja nicht einmal, ob das Kind zur Welt gekommen ist. Vielleicht haben diese Dreckskerle sie umgebracht, als sie noch schwanger war.«

Wieviel Zeit war vergangen, seit er ihr gesagt hatte, daß das alles nicht sein konnte, daß die Armee San Martíns sich nicht mit einer schwangeren Frau anlegte? Jahrhunderte! Das schreckliche Warten in den Vorzimmern seiner ehemaligen Freunde, die Ohnmacht und die Verzweiflung hatten aus ihm eine wandelnde Giftkapsel gemacht.



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